Donnerstag, 12. April 2012

Größe - Mehr als ein Maß

Ich erinnere mich an das Champions-League-Finale 2001. Oliver Kahn im Moment seines wohl größten Triumphes geht zu Valencia Torhüter Canizares, der nach dem dritten Europacupfinale in Folge ohne Sieg weinend, zusammen gekauert auf dem Boden liegt und spendet ihm Trost. In einem Moment, in dem Oliver Kahn, der gern stilisierte Unsympath die ganze Welt hätte umarmen können, in einem Moment, in dem jeder zu ihm will, um ihm zu gratulieren. Er geht zu seinem unterlegenen Gegenüber! Er geht zu ihm, kniet sich neben ihn und versucht ihm Mut zuzusprechen. Vielleicht sagte er so etwas wie: „1999 ging es mir genau wie dir. Ich weiß es ist kein Trost, aber man muss immer weiter machen.“ 1999 wieder ein gutes Beispiel. Manchester United gewinnt durch zwei Tore in der Nachspielzeit die Champions League gegen den FC Bayern München. Die Bayernspieler am Boden. Unter Schock, traurig, entsetzt. Die Spieler des englischen Meisters jedoch springen nicht an ihnen vorbei und machen gar abfällige Gesten. Nein, sie freuen sich an anderer Stelle des Platzes und gehen später zu ihren Gegnern, geben ihnen die Hände und auch sie versuchen Trost zu spenden. In der Stunde des wohl größten Erfolgs.
Der FC Barcelona schlägt seinen „Erzfeind“ Real Madrid in deren Stadion mit 6:2. Zeit für große Jubelarien vor den Spielern Reals? Zeit sich für all die Sprüche, die im Vorfeld getätigt wurden zu rächen? Nein. Jubel Ja. Aber mit Stil.

Jose Mourinho, man kann halten von ihm, was man will, sicherlich gibt es Trainer, die sportlicher, die fairer sind. Doch in der Minute des Champions-League Sieges 2010 gegen seinen alten Lehrmeister Louis van Gaal und den FC Bayern bleibt er auf dem Boden, gibt dem Unterlegenen fair die Hand und freut sich im Anschluss ruhig und stilvoll mit seiner Mannschaft.

Dies alles waren Beispiele aus dem Fußball. Nehmen wir noch das Boxen. Hier gehört es zum guten Ton, vor einem Kampf die verbale Keule rauszuholen, Psychospielchen zu betreiben. Doch nach dem Kampf, wenn man ihn als Sieger beendet, geht man zu seinem Gegner, gibt ihm die Hand, gratuliert ihm zu seinem Kampf und zeigt dadurch Größe.


Größe. Ein Attribut, das zu einem wahren Sportler gehört. Ein Attribut, das einen Sportler auszeichnet und ihn zu einem Vorbild macht. Nicht nur Einzelsportler auch Mannschaften können Größe bewahren und Größe zeigen. Vor allem tun sie dies im Moment des Sieges. Nicht nur im Moment der Niederlage.

Einen Gegenspieler nach einem verschossenen Elfmeter mit unschönen Kraftausdrücken zu titulieren ist dabei kein Zeichen von Größe, sondern wohl viel mehr ein Zeichen von diebischer Infantilität. Einen Gegner mit höhnischem Applaus oder Gesängen zu versehen nach einem Sieg ist kein Zeichen von Größe, sondern wohl viel mehr ein Zeichen von Schwäche. In Richtung Gegner provozierend und gar aufreizend zu jubeln ist kein Zeichen von Größe, sondern wohl viel mehr ein Zeichen von Größenwahn.

Es gilt ein Leitspruch: Größe zeigt man in der bittersten Niederlage, wahre Größe im Moment des großen Triumphes.

Freitag, 6. Januar 2012

Der König ist tot- Es lebe der König

Ich denke es wird Zeit, dass auch ich einmal etwas zum Thema Wulff schreibe.

Christian Wulff der jüngste Bundespräsident aller Zeiten hat noch als Ministerpräsident Niedersachsens ein Haus gekauft. Ein ganz normaler Vorgang möge man denken, schließlich zog er damals mit seiner neuen Frau, deren Sohn und seiner Tochter zusammen. Ein Haus, das nicht wirklich repräsentativ erscheint war es zudem. Aber eben ein Einfamilienhaus, indem es sich sicherlich gut leben lässt.
Genug von diesem Haus, denn das Haus an sich ist nicht mehr wirklich interessant. Die Finanzierung umso mehr. Christian Wulff hat einen Privatkredit erhalten, von langjährigen Freunden, der hatte auch noch einen verbilligten Zinssatz und der langjährige Freund war Unternehmer. Ein Unternehmer, der einem Politiker, dazu hochrangig, einen Kredit zu günstigen Zinsen gibt. Es klingt erst einmal dubios. Doch Fakt ist auch, dass dieser Unternehmer keinerlei Gegenleistungen erhalten hat, weder gesellschaftlich, noch politisch. Also könnte man, setzt man voraus, dass dies stimmt sagen, es war ein Dienst unter Freunden.

Die parlamentarische Anfrage der Grünen im Niedersächsischen Landtag blieb ergebnislos, beziehungsweise ohne rechtliche Konsequenz, denn so wurde festgestellt, rein rechtlich lief alles in einem ordentlichen Rahmen.

Soweit so gut. Mittlerweile ist Christian Wulff Bundespräsident. Fällt hierbei nicht größer auf, als einige seiner Vorgänger und ist nur einmal richtig in Erscheinung getreten, als er den Islam zu Deutschland gehörig erklärte. Hierfür wurde ihm viel Beachtung geschenkt und großes Lob ausgesprochen, danach wurde es wieder ruhig um ihn. Doch dann kam die BILD Zeitung. Die Zeitung, die dem Springerverlag regelmäßig hohe Auflagen bringt und die niemand liest, aber von der jeder weiß, was sie schreibt. Eine Zeitung, die so manchen Skandal begleitet, einige aufgedeckt und andere gedeckt hat. Eine Zeitung, die eindeutig dem Boulevardjournalismus zuzuordnen ist und die nicht in allen gesellschaftlichen und vor allem politischen Schichten beliebt ist. Diese Zeitung beschreibt nun, dass Christian Wulff diesen Privatkredit entgegen nahm, sie beschrieb, dass er Urlaubsreisen machte, ohne dafür zu zahlen und im Wahlkampf von Unternehmern unterstützt wurde, die er an gleicher Stelle, nur im Zusammenhang mit Gerhard Schröder noch kritisierte. Ein Anflug von Skandal, vor allem, als sich diesem Thema auch die Opposition im Bundestag annahm. Opposition zum Bundespräsidenten? Richtig, die gibt es ja eigentlich gar nicht, aber gut wir wissen alle, dass dies in der Realität anders aussieht.
Wie geht es weiter? Wulff erklärt sich öffentlich und legt diverse Listen und Akten offen. Dies genügt einigen aber wohl nicht, denn jetzt kommt wieder die BILD Zeitung ins Spiel. Der Bundespräsident soll bei Chefredakteur Kai Dieckmann angerufen haben und resolut versucht haben die Veröffentlichung der Kreditgeschichte zu verhindern. Dies und da sind wir uns alle denke ich einig, ist ein Eingriff in die Pressefreiheit und so nicht hinnehmbar in einer Demokratie. Wulff stellt sich nun den Fragen der Hauptstadtredakteure der ARD und des ZDF, wirkt hierbei nervös, aber immerhin versucht er sich zu entschuldigen. Nun auch dies reicht einigen nicht. Die Opposition und auch die BILD Zeitung fordert die Veröffentlichung des Anrufs. Wulff kann dies mit juristischen Schritten verhindern. Mittlerweile ist ein Wortprotokoll der BILD Zeitung im Schloss Bellevue eingetroffen. Aber geschrieben Worte, ersetzen Emotionen nicht.

Jetzt ist also die BILD Zeitung wieder in aller Munde, doch schau her, jetzt ist sie nicht mehr verwerflich oder anmaßend. Sie ist nicht mehr der Feind vieler Demokraten. Nein, sie ist DIE moralische Instanz der letzten Tage und Wochen. Sie ist das Gewissen Deutschlands. Menschen die in der 68er Bewegung noch skandierten: "USA aus Vietnam raus, bombt doch mal das Springer Haus" berufen sich jetzt auf die BILD Zeitung und deren Redakteure. Die Kinder derjenigen, die die BILD Zeitung unlängst noch kritisierten, für deren Haltung in der Causa Guttenberg, kooperieren nun mit der so ungeliebten Springerpresse. Welch unerwartete Wandlung da doch von statten geht.
Der Notar der Republik, der Ersatzkaiser, der Repräsentant Deutschlands, der bis auf Gesetze unterschreiben und Kanzler und Kabinett ernennen keine weiteren verfassungsgebenden Aufgaben hat, ist auf einmal in aller Munde, noch viel mehr, er ist von heute auf morgen zu einer zentralen Figur in der deutschen Politik geworden. Nicht mehr Eurokrise, nicht mehr die Piraten oder die immer schwerer kriselnde FDP, nicht mehr Griechenland, Afghanistan, Irak oder der arabische Frühling bestimmen die Medien, nein der Bundespräsident und sein Kredit. Der Bundespräsident und sein vielleicht einfach zu menschlicher Ausflug in die Pressefreiheit bestimmen seit Tagen, nein seit Wochen schon die Öffentlichkeit. Respekt vor dem Amt hatte man bei so mancher Aussage eher weniger. Dass der Inhaber das Amt beschädige steht für viele fest, dass sie dies aber ebenso tun mit dieser Vehemenz der Kritik und der teilweisen Respektlosigkeit gegenüber dem Menschen und auch dem Amt, steht auf einem anderen Blatt und ist so noch nicht diskutiert worden.

Komme was wolle, bleibt Wulff Präsident oder tritt er zurück. Das Amt wird es weiter geben, nur ab sofort mit exorbitant hohen moralisch-ethischen Ansprüchen an den Inhaber und weil es jetzt ja auch eine Opposition und einen Steller des Präsidenten gibt wohl auch an dessen Steller.