Sonntag, 11. September 2011

Der Tag an dem die Welt still stand

Der September 2001 war ein ruhiger Monat. Spätsommer und Frühherbst wechselten sich ab. Mal wärmer, mal kühler. Mal blauer Himmel, mal grauer Himmel. Ein typischer September für Mitteleuropa, aber auch für die USA.
Die Regierungen in Deutschland und den USA waren zwei (USA) und drei (BRD) Jahre an der Macht und regelten unter anderem zusammen den Einsatz im Kosovo nach dem Balkankrieg. Auch wenn die rot-grüne Regierung in Deutschland sicherlich nicht unbedingt den konservativen Republikanern unter George W. Bush jun. stark ähnelten, so wurde beiden zumindest ein gutes Arbeitsverhältnis nach gesagt. Weder der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, noch der amerikanische Präsident allerdings konnten das verhindern, was sich am 11.09. um ca. 09.00 Uhr Ortszeit in New York City abspielte.
Ich denke jeder von uns weiß noch genau, was er an diesem Tag gemacht hat. Es war knapp 15 Uhr mitteleuropäische Zeit, als ich mit meinem Bruder und einem Klassenkameraden im Hof Fußball spielte und wir gerade eine kleine Pause einlegten, als meine Großmutter rausstürmte. "Das müsst ihr sehen, kommt schnell rein, da ist ein Flugzeug in New York in den Turm geflogen!" Diese Worte klingen mir heute noch in den Ohren.
Welcher Turm? Flugzeug? New York? Was ist denn da passiert? So oder so ähnlich waren meine Gedanken. Als ich dann vor dem Fernseher stand, wurde mir klar, da ist etwas passiert. Das World Trade Center war getroffen. Zunächst vermuteten viele noch einen Unfall, ein verirrtes Flugzeug, eine tragische Geschichte. Doch spätestens einige Minuten später, als die Welt live mit ansah, wie auch ein zweites Flugzeug in den zweiten Turm des WTC flog, waren diese Gedanken, wie weggeblasen.
"Wie kann man so etwas nur tun?", schoss mir durch den Kopf. Ich war 13 Jahre alt, hatte bisher wenige solch schreckliche Bilder in meinem Leben gesehen. "Wer war das? Wieso hat man das gemacht?", das haben mein Bruder, unser Klassenkamerad und ich uns gefragt. Währenddessen ließen wir den Fußball, der im Hof neben dem Skateboard lag, Fußball sein und starrten wie gebannt auf den Fernseher.
"Neue Meldung: Flugzeug stürzt ins Pentagon" Wieder ein Einschlag. Jetzt wurde auch uns klar, das kann kein Unfall sein, das hat nichts Gutes zu bedeuten.
Der Klassenkamerad ging heim, wir sollten später noch Fußballtraining haben. Mein Bruder, unsere Mutter und Großmutter und ich saßen weiter vor dem Fernseher. Unser Vater und Großvater kamen dazu. Sie waren erstarrt vor Schock.
"Breaking News: Flugzeug stürzt in freies Feld bei Pennsylvania" Wieder eins. Was ist denn hier los? Ich rannte in den Garten und schaute gen Himmel. Viele Flugzeuge flogen dort. Zum Flughafen in Frankfurt hin oder von diesem Weg. Wir wohnten unter dem Dach von hier aus sah man die Frankfurter Skyline. Was wenn dort nun auch noch etwas passiert? Wir alle standen unter Schock.
Wieder der Blick in den Fernseher. Menschen springen aus den Türmen, versuchen so vor den qualvollen Feuerwalzen und dem Tod durch Erstickung zu entkommen. Sie sprangen natürlich sicher in ihren Tod, aber sie wollten wenigstens die letzten Sekunden ihres Lebens selbst bestimmen.
"Diese armen Menschen", dachte ich bei mir. Sie waren unschuldig, wir alle waren es an diesem Tag.
Wieder eine neue Meldung. "Al Qaida wohl verantwortlich" Wer ist Al Qaida und warum tun sie sowas? Als 13-jähriger weiß man doch weniger von der Welt, als man selbst annimmt.

"Macht euch fertig, wir müssen auf den Sportplatz", schallt es durch die Wohnung. Unser Vater, gleichzeitig unser Trainer fährt mit uns auf den Platz. Im Autoradio gab es kein anderes Thema, Musik wurde nur begrenzt gespielt.
Wir 13-jährigen hatten keinen Kopf für Fußball, wir fragten uns ob es nun Krieg gäbe, ob auch wir gefährdet seien, was nun passiert. Keiner wusste eine Antwort, auch mein Vater und unser zweiter Trainer nicht. Wie auch? Wer hätte diese Antwort geben sollen?
Nach dem Training schnell unter die Dusche und dann ab vor den Fernseher. Ein erstes Bekennervideo kursierte mittlerweile durch die Medien. Ein älterer Mann mit langem weißen Bart und Turban schimpfte hier auf die USA und die westliche Welt und freute sich über "seinen Erfolg". Osama Bin Laden. Der Terror bekam Gesicht und Namen.
Doch was interessierte mich dieser Mann. Ich hatte die zahlreichen Opfer, wohl gemerkt unschuldigen Opfer im Kopf. Wie geht es ihren Familien, wie den Leuten, die in den Trümmern eingeschlossen wurden? Wie den vielen Helfern, die nicht mehr wirklich helfen konnten?
Abends sollte Fußball laufen. Champions League. Der FC Schalke 04 spielte gegen Panathinaikos Athen. Alles Nebensache. Die Kommentatoren schwiegen und im Stadion herrschte bedrückte Stimmung. Wer wollte zu diesem Zeitpunkt auch an Fußball denken oder an Torjubel? Nein, es gab nur eines in unseren Köpfen, das waren diese Flugzeuge, diese ungeheure Gewalt, dieser menschenverachtende Terror.
"Wie konnte man nur so viel Hass entwickeln?", diese Frage wurde wohl so häufig gestellt, wie keine andere in diesen Tagen.
Wieder und wieder liefen die Bilder aus New York im Fernsehen. Die Flugzeuge krachten in die Türme, die Türme stürzten in sich zusammen. Noch immer konnte ich es nicht glauben und noch viel weniger konnte ich schlafen in dieser Nacht. Viel zu sehr beschäftigte mich dieser Tag, der hinter uns lag. Was, wenn das in Frankfurt passiert? Was hätte ich gemacht, wäre ich da gewesen? Wieso machen Leute sowas? Immer wieder die gleichen Fragen. Niemand konnte sie beantworten, niemand konnte mir die Gedanken nehmen. Aber eins wusste schon ich als 13-jähriger und das war von nun an sicher:

Die Welt würde nie mehr sein, wie sie davor war!

Sonntag, 4. September 2011

Ein Warnschuss für die Politik

Es war im Frühjahr 2010 als der Fernsehsender Sat1 einen Zweiteiler sendete, der für große Diskussionen sorgte.
"Die Grenze" spielte in Mecklenburg Vorpommern und handelte von einem Umbruch in diesem Land, der sich nach Unruhen in der Gesellschaft vollzog und an dessen Ende die Frage stand, ob nun eine rechtspopulistische Partei das Land regieren soll oder eine sozialistische Partei eine Art Mini-DDR aus Mecklenburg Vorpommern macht? Ein Film, in dessen Folge viele Experten und Zuschauer diskutierten, ob dies wirklich möglich wäre, dass gesellschaftliche Unruhen in einen solchen polarisierenden, antidemokratischen Konflikt führen könnten?

Nun, ich werde diese Frage sicherlich nicht beantworten können, doch die Landtagswahl 2011 in MeckPomm könnte bei einigen Zuschauern dieses Films für ein leichtes Schaudern sorgen. Oder gar ein etwas größeres Schaudern?

Betrachten wir die Fakten. Die SPD gewinnt die Wahl und kann im Vergleich zur Wahl 2006 dazu gewinnen. Kein wirkliches Wunder, bei einer guten Regierungsarbeit in der großen Koalition. Dass die CDU Prozente verliert ist als Juniorpartner einer großen Koalition auch nicht weiter verwunderlich, wenn man auch sagen muss, dass sie sicherlich gute Leistungen erbrachte. Die FDP fliegt aus dem Schweriner Landtag. Nun gut, mittlerweile wohl Businnes as Usual bei den einstig Liberalen. Die Grünen können auch in den letzten Landtag der Bundesrepublik einziehen, ein Fakt, der zwar deshalb erstaunlich ist, weil die Grünen in MeckPomm nur über gut 500 Mitglieder verfügen und bisher in den vergangenen 21 Jahren nach der Wiedervereinigung dort nie aber auch nur eine kleine Rolle spielten. Aber der Bundestrend scheint auch in Schwerin und an der Ostseeküste angekommen zu sein.
Doch jetzt kommen wir zu zwei weiteren Parteien, die auch in den kommenden fünf Jahren im Landesparlament vertreten sein werden. Die Linke und die NPD. Zwei Parteien, die zwar die vergangenen Jahre schon vertreten waren, teilweise sogar als Regierungspartei, dies war die Vorgängerin der Linken, die PDS acht Jahre lang gemeinsam mit der SPD. Doch vor allem zwei Parteien, die sich in großen Teilen auf fragwürdigem demokratischen Boden bewegen. Die NPD und ihr Spitzenkandidat Udo Pastörs tun dies nun fast schon als Alleinstellungsmerkmal, wenn sie in den Fußgängerzonen der Städte in MeckPomm stehen und unverhohlen die Aufgabe des Systems fordern und die Bundesrepublik "umkrempeln" wollen. Die Linken schienen in Ostdeutschland jedoch ziemlich pragmatisch daher zu kommen. In Thüringen sitzt mit Bodo Ramelow ein Politiker, der nun wirklich eher sozialdemokratisch, denn sozialistisch arbeiten möchte. Auch ein Dietmar Bartsch scheint eher dieser Linie zu folgen und woher entstammt Bartsch? Richtig aus Mecklenburg Vorpommern. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Landesvorstandes in MeckPomm musste er jedoch mit ansehen und anhören, wie einige Mitglieder auf dem Parteitag das Gedenken an die Maueropfer der innerdeutschen Teilung verweigerten und die ehemalige Sozialministerin MeckPomms einen Satz von sich gab, der in den Ohren der Opfer des DDR-Regimes wie Hohn klingen muss. Sie sagte, dass die Mauer eine logische und vernünftige Konsequenz gegen den (westlichen) Faschismus gewesen sei und die Polizisten, die an ihr patrouillierten und wie wir alle wissen dort auch Menschen töteten, für ihre Verdienste rundum den Schutz des Vaterlands noch heute geehrt und entlohnt werden sollten.
Wer hier noch von Demokratie redet, dem sei nahe gelegt wenigstens einmal die Wikipedia Definition dieses Begriffs zu lesen.
Diese beiden Parteien kamen bei der Landtagswahl in Mecklenburg Vorpommern 2011 auf zusammen genommen 24%! 24% der Wählerinnen und Wählern gaben ihre Stimme also Parteien, die nach wie vor zum Teil offener und zum Teil versteckter für einen Umsturz des Systems sind. Die einen Geschichtsrevisionismus an den Tag legen, der jeder Beschreibung spottet (Pastörs ist übrigens ein überzeugter Leugner des Holocausts) und dennoch dürfen solche Parteien in einem, eigentlich, demokratischen Parlament sitzen und womöglich auch noch mitregieren. Denn der Ministerpräsident der SPD Erwin Sellering lobte am Wahlabend noch die hervorragende Zeit der achtjährigen Zusammenarbeit mit der damaligen PDS und im Vorfeld der Wahl sagte er auch er, dass der Mauerbau ohne echte Alternative gewesen sei.

Ich möchte Mecklenburg Vorpommern nicht zu einer Blaupause für die gesamte Bundesrepublik stilisieren. Doch wenn in einem deutschen Landtag rund ein Viertel der Abgeordneten von demokratisch zumindest fragwürdigen Parteien gestellt werden und der amtierende Ministerpräsident eine solche Partei auch noch lobt und mit ihr regieren könnte und dies auch nicht ausschließt, dann sollte die etablierte Politik nun reagieren und sehen, dass man sowohl die antidemokratischen Strömungen in der Linken, als auch die rechtsextreme NPD nicht mit bürokratischen Hindernissen verhindern kann, sondern dass man politisch gegen sie vorgehen muss, dass man nur mit einer gesunden Einstellung diese Parteien und Strömungen verhindern kann.

Ich denke es ist an der Zeit aufzuwachen, denn wir wollen keine neue Grenze in Deutschland, nicht einmal in einer fiktiven Situation im Fernsehen.